Gegen das Vergessen; nie wieder!

Veröffentlicht am 12.01.2015 in Allgemein

Es wird schlimmer (Teil 4)

Inmitten dieses entsetzlichen Chaos gelang es der Lagerbesatzung, eine kaum glaubliche Zahl von Juden umzubringen. Innerhalb eines guten Monats, von Ende Juli bis Ende August 1942, kamen in Treblinka schätzungsweise 312500 Menschen um. Das bedeutete, dass während dieses einen Monats in Treblinka täglich etwa 10000 Menschen vergast oder erschossen wurden, soviel wie in keinem anderen Vernichtungslager – bis zum Höhepunkt der Ungarn-Aktion in Auschwitz 1944, als die vier Krematorien in Birkenau bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit beansprucht wurden.

Doch der Preis für diese unvorstellbare Vernichtungsrate war für Eberls Vorgesetzte zu hoch. Sie erhielten Berichte über die täglich chaotischer werdenden Zustände im Lager. Es kam noch hinzu, dass das Reich dadurch um bestimmte Einnahmen gebracht wurde. Die Besitztümer der ermordeten Juden blieben über das ganze Lager verstreut, und es wurde behauptet, einiger Wertsachen seien von den Deutschen und den Trawnikis geplündert worden.

Christian Wirth1), der Schöpfer von Belzec, wurde in diesem August zum Inspekteur der drei Vernichtungslager Belzec, Sobibór und Treblinka ernannt. Und einer seiner ersten Aufträge bestand darin, zusammen mit seinem Vorgesetzten, dem SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin, Odilo Globocnik2), nach Treblinka zu fahren und die dortigen Verhältnisse zu untersuchen. Josef Oberhauser, der unter Wirth arbeitete, sagte später aus, in Treblinka habe Chaos geherrscht. Eberl sei sofort entlassen worden, und Globocnik habe ihm mit Verhaftung gedroht. Nachdem Eberl entlassen worden war wurden die Deportationen nach Treblinka vorübergehend eingestellt. Franz Stangl, der früher mit Wirth beim Euthanasieprogramm gearbeitet hatte und jetzt das Vernichtungslager Sobibór befehligte, wurde zum neuen Kommandanten von Treblinka ernannt.

1) Christian Wirth (geboren am 24. November 1885 – gestorben am 26. Mai 1944 in Slowenien) war ein deutscher Polizeibeamter und SS-Sturmbannführer, der maßgeblich an der „Aktion T4“ beteiligt, erster Kommandant des Vernichtungslagers Belzec, und Inspekteur der Vernichtungslager der „Aktion Reinhardt“ war. Christian Wirth gilt als Beispiel für einen besonders brutalen und unbarmherzigen SS-Mann, der auch von seinen eigenen Leuten gefürchtet wurde. Hiervon zeugen die Beinamen, die ihm von seinen untergebenen SS-Männern gegeben wurden: „Christian der Grausame“, „Der wilde Christian“ und „Stuka“ für Sturzkampfflugzeug. Dieses Bild entstand vor allem aus den Nachkriegsaussagen seiner Untergebenen, die in ihren Gerichtsverfahren davon überzeugen wollten, dass sie sich in einem Befehlsnotstand befanden. Es ist aber z. B. ungeklärt, ob nicht Wirths eigene Leute den tödlichen Schuss in seinen Rücken abfeuerten.

Ohne Zweifel war Wirth ein gefürchteter Vorgesetzter: Dazu trug seine sehr direkte und häufig derbe, zudem von Dialektausdrücken durchsetzte Wortwahl bei. Gleichermaßen ging er bei der „Aktion T4“, der „Aktion Reinhardt“ wie auch in Triest gegen Unregelmäßigkeiten in den eigenen Reihen vor, insbesondere gegen die Unterschlagung der Wertgegenstände, die den Mordopfern abgenommenen worden waren.

Aufschlussreich sind die Aussagen des SS-Richters Konrad Morgen im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess: Morgen schilderte Wirth als einen Mann, der ebenso stolz war auf seine Erfahrungen aus der „Aktion T4“ wie auch auf seinen Beitrag zur „Optimierung“ der Massenmorde der „Aktion Reinhardt“.

Am 26. Mai 1944 fand Christian Wirth bei einer Fahrt auf der Straße von Triest nach Rijeka den Tod bei einem Überfall von Partisanen.

2) Odilo Globocnik, (* 21. April 1904 in Triest; † 31. Mai 1945 in Paternion, Kärnten) war ein österreichischer Nationalsozialist, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde er für einige Monate Gauleiter in Wien und war dort maßgeblich für die Judenverfolgung verantwortlich. Nach der deutschen Besetzung Polens wurde er SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin des Generalgouvernements. Als Leiter der Aktion Reinhardt zur Vernichtung der Juden im Generalgouvernement unterstanden ihm die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka. In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Ostindustrie GmbH organisierte er die Ausbeutung jüdischer Arbeitskräfte mit. 1943 wurde er zum Höheren SS- und Polizeiführer in der Operationszone Adriatisches Küstenland ernannt, wo er die Bekämpfung von Partisanen und die Deportation von Juden in das KZ Auschwitz-Birkenau organisierte. Nach Kriegsende wurde er Ende Mai 1945 durch Angehörige der britischen Armee festgenommen und beging kurz darauf Suizid.

3) Josef Oberhauser (* 20. September 1915 in München; † 22. November 1979 ebenda) war Mitglied der SS-Totenkopfverbände und eingesetzt in der „Aktion T4“ sowie der „Aktion Reinhardt“.

Am Polenfeldzug nahm Oberhauser als Angehöriger der „Leibstandarte Adolf Hitler“ im Verband der 8. Armee zuletzt im Rang eines SS-Oberscharführers teil.

Nach Ende des Polenkrieges kam er nicht mehr zur II. SS-Totenkopfstandarte „Brandenburg“ zurück, sondern wurde im November 1939 der „Reichsarbeitsgemeinschaft für Heil- und Pflegeanstalten“ zugewiesen, einer von mehreren Tarnorganisationen der Kanzlei des Führers, die mit der Durchführung der „Aktion T4“, der Tötung von Geisteskranken und Behinderten, beauftragt war. In den sogenannten Tötungsanstalten Grafeneck, Brandenburg und Bernburg wirkte er bei der Vergasung der ausgewählten Opfer als „Brenner“ oder „Leichenbrenner“ mit: Oberhauser war für die Verbrennung der Leichen in den eigens hierfür installierten Krematoriumsöfen zuständig.

Nach Einstellung der „Aktion T4“ im August 1941 wurde Oberhauser im November 1941 zum Stab des „SS- und Polizeiführers für den Distrikt Lublin“, SS-Brigadeführer Odilo Globocnik, kommandiert, um hier im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ bei der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung des Generalgouvernements verwendet zu werden.

Nach Abschluss der „Aktion Reinhardt“ wurde Oberhauser mit Globocnik und Wirth nach Oberitalien versetzt und in der Sonderabteilung Einsatz R zur „Partisanenbekämpfung“ und „Judendeportation und -vernichtung“ eingesetzt. Am 30. Januar 1945 wurde er zum SS-Obersturmführer ernannt. Oberhauser war Kommandant des KZ Risiera di San Sabba bis zu dessen Auflösung Ende April 1945. Danach setzte er sich mit seiner Einheit nach Österreich ab, wo er im Mai 1945 in Bad Gastein in englische Kriegsgefangenschaft geriet.

Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft war Oberhauser 1947/48 als Wald- und Sägewerksarbeiter in Bevensen tätig. Am 13. April 1948 wurde er anlässlich eines Aufenthaltes in der Ostzone ergriffen und am 24. September 1948 durch eine nach Befehl 201 der sowjetischen Militärverwaltung gebildete 5. Strafkammer des Landgerichts Magdeburg wegen Verbrechens gegen das Kontrollratsgesetz Nr. 10 aufgrund seiner Zugehörigkeit zur SS als einer verbrecherischen Organisation und seiner Beteiligung an der Tötung von „Euthanasie“-Opfern in Grafeneck, Brandenburg und Bernburg zu einer Zuchthausstrafe von 15 Jahren unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf zehn Jahre verurteilt. Gleichzeitig wurde er nach Direktive 38 Artikel II Ziffer 7 und 8 als Hauptbelasteter eingestuft. Nach acht Jahren wurde Oberhauser unter endgültiger Hafterlassung am 28. April 1956 im Rahmen einer Amnestie aus der Haft entlassen.

Zurück in seiner Heimatstadt München war Oberhauser als Gelegenheitsarbeiter und als Schankkellner tätig, bis er am 21. Januar 1965 vom Landgericht München I im Belzec-Prozess zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in 300.000 Fällen und wegen fünf weiterer Verbrechen der Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in je 150 Fällen verurteilt wurde.

Nachdem er (unter Anrechnung der Untersuchungshaft) die Hälfte seiner Strafe verbüßt hatte, wurde er 1966 entlassen und arbeitete wieder als Schankkellner in München. Wegen der in Italien begangenen Kriegsverbrechen wurde er im April 1976 von einem italienischen Gericht in Abwesenheit zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Da die italienische Justiz auf einen (wegen fehlender Rechtsgrundlagen aussichtslosen) Auslieferungsantrag verzichtete, brauchte er diese Strafe nicht anzutreten. Oberhauser starb am 20. November 1979 in München.

Quelle: Laurence Rees „Auschwitz – Geschichte eines Verbrechens“ und Wikipedia

 
 

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