Rudi Röper Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden vom Volk gewählt. So haben es die Väter des Grundgesetzes 1948 in unserer Verfassung verankert. Dieses elementare Recht, auf die politischen Geschicke unseres Landes Einfluss zu nehmen, wird aber von immer weniger Bürger wahrgenommen. Sollte auch hier zutreffen: Rechte die nicht wahrgenommen werden verkümmern, dann steht zu befürchten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Sinnhaftigkeit dieses Rechtes hinterfragt wird.
Zwar gab es schon zu allen Zeiten Schwankungen bezüglich der Wahlbeteiligung, aber seit 1998 geht es stetig bergab, zuletzt (2009) lag die Wahlbeteiligung gerade mal noch bei knapp über 70%.
So ist auch am kommenden Wahlsonntag nicht auszuschließen, dass die Zahl der Nichtwähler größer sein wird als die Zahl der Wähler der erfolgreichsten Partei. Ist das nicht erschreckend? Hätte die Partei der Nichtwähler eine eigene Säule im Balkendiagramm bei der ersten Wahlprognose, so ist zu befürchten, ihr fiele der höchste Balken zu.
Nun kann man getrost sagen was soll`s, wir haben doch schließlich keine Wahlpflicht, also muss es schon jedem überlassen bleiben zu entscheiden was er macht. Aber an dieser Stelle sei die Anmerkung erlaubt, wie viel Menschen rund um den Globus ihr Eintreten für freie und faire Wahlen mit dem Leben bezahlt haben. Und wir spielen dann mit unseren Errungenschaften und sind nach Kräften bemüht, unterstützt durch vielerlei Prominenz, das Nichtwählen salonfähig zu machen. Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass der höchste Anteil an Nichtwählern in der Altersgruppe der 20-30-Jährigen angesiedelt ist. Offensichtlich ist es für die Gruppe der älteren Mitbürger, teilweise noch geprägt von den schlimmen Erfahrungen, als in Deutschland die Nazis freie Wahlen handstreichartig abgeschafft haben, noch eine staatsbürgerliche Pflicht und Ehrensache zu wählen.
Eine häufig anzutreffende und sich verfestigende Position bei den Nichtwählern lautet: Die machen ja doch was sie wollen und uns fragt ja eh keiner. Und überhaupt, wo unterscheiden sich noch großartig die Programme und Wahlversprechen der Parteien. Die kämpfen doch alle nur ums eigene Überleben bzw. für den eigenen Vorteil.
Ist das nicht ein unauflösbarer Widerspruch? Auf der einen Seite wird beklagt nicht eingebunden und gefragt zu werden, andererseits hat man die Chance dazu, so wird diese nicht genutzt. Nicht wählen ist nicht nur sorglos, es ist in meinen Augen auch verantwortungslos. Es fördert und begünstigt die Extreme an den Rändern des politischen Spektrums.
Nun kann man sich an den etablierten Parteien, ihren Protagonisten, ihren Positionen, leidlich abarbeiten.
Mein bescheidenes Fazit: Jeder Vertrauensbeweis, jede Unterstützung für eine demokratische Partei ist besser als ein schicksalergebenes Nichtwählen. Dieses dokumentiert am Ende nur die eigene Bedeutungslosigkeit.
Rudi Röper